Tijana Jočić, Österreichs Handelsdelegierte in Belgrad - Wonach ich mich sehne?
(Tijana Jočić)
Ich bin froh, endlich in der Lage zu sein, gleichzeitig etwas für Serbien, mein Herkunftsland und Österreich, mein Geburtsland, tun zu können. Österreich ist meine Heimat, das Land, wo ich herangewachsen bin und die Schule besucht hat, meine Eltern stammen aus Serbien - so beginnt das Interview, das Tijana Jočić, Österreichs Vize-Handelsdelegierte in Belgrad, dem Wirtschaftsportal eKapija gegeben hat. Über ihre Ankunft in die serbische Hauptstadt im Novemter 2007 haben sich vor allem ihre Eltern gefreut, die vor vier Jahrzehnten aus Belgrad nach Österreich ausgewandert sind, um dort nach Glück zu suchen. Dort haben sie sich kennen gelernt und verliebt und ihre Liebe wurde mit zwei Töchtern gesegnet.
Tijana sei froh, dass Österreich ihre Familie freundlich aufgenommen hat und sie nie unter Druck gesetzt hat, ihre Herkunft zu verleugnen.
- Meine Eltern sind der serbischen Tradition treu geblieben. Meine Schwster und ich wußten von Anfang an, woher wir stammen. Gleichzeitig haben wir gelernt, uns in die Lebensweise in Österreich einzufügen, um dort nicht immer Fremde zu bleiben. Ich bin zweisprächig aufgewachsen, österreichische Schulen besucht und viele Freunde unter Österreichern gefunden. Allmählich habe ich "ihre" Lebensweise angenommen. Ich habe mich an das Leben in Österreich gewöhnt und hatte nie Probleme weder wegen meines Namens, noch meiner Ansichten - erklärt Tijana Jočić und fügt hinzu, dass sie sich über den Erfolg jedes Serbien im Ausland von Herzen freue. Solche Menschen seien, ihrer Meinung nach, die besten Vertreter ihres Landes in der Welt.
Die 32-jährige Dame hat ihren Abschluss in Wirtschaftswissenschaft in Wien gemacht. Ihre diplomatische Karriere begann vor fünf Jahren, als sie zur Vertreterin der Wirtschaftskammer Österreich in Bratislava ernannt worden war.
- Ich habe mich bei der Wirtschaftskammer erfolgreich beworben. Zum Glück wurde ich in die Slowakei vor dem EU-Beitritt gesandt worden. Es ist interessant, die Entwicklung eines osteuropäischen Landes auf dem Weg zur europäischen Integration nicht nur zu beobachten, sondern auch daran teilzunehmen. In Hinsicht darauf, dass ich nicht lange auf einem Ort bleiben kann und immer nach neuen Herausforderungen suche, verlangte ich im Vorjahr, in ein anderes osteuropäisches Land versetzt zu werden. Wenn man mir die Stelle in Belgrad angeboten hat, war ich froh, in die Heimat meiner Eltern zu kommen. Seit dem November 2007 bin ich in Belgrad - hebt Tijana hervor und scherzt, sie habe Slowakern Glück gebracht, weil sie während ihres Mandats der EU beigetreten sind. Sie hofft diesen "Erfolg" in Serbien zu wiederholen.
Die "ersten Schritte" in der serbischen Hauptstadt habe sie mit Hilfe ihrer Verwandten gemacht. Schneller als geahnt habe sie sich an Belgrad gewöhnt.
- Ich habe fast die ganze Welt durchreist, Belgrad ist jedoch durch eine besondere Dynamik und einen einzigartigen Lebensstil gekennzeichnet. Ich habe mich in Österreich daran gewöhnt, die Regeln immer zu beachten, weil man nur auf diese Weise Fehler vermeiden kann. Mir fällt nicht schwer, nach Regeln zu leben und zu arbeiten. Im Unterschied dazu lebt jeder in Belgrad nach seinen eigenen Regeln. Belgrad hat mich schnell in sein besonderes, schnelles Tempo hineingezogen. Oft fühle ich mich zusätzlich belastet, weil ich zum ersten Mal nicht genau weiß, was am besten zu tun ist - sagt Tijana Jočić und gesteht, manchmal diese Ungewissheit zu genießen. Solcher Rhythmus stelle noch eine große Herausforderung für sie dar.
Momentan lebt sie allein im Belgrad Stadtbezirk Vračar, habe sich aber nie einsam gefühlt.
- Es ist unmöglich, in Belgrad einsam zu sein. Davon habe ich, offensichtlich, auch meine Freunde in Österreich überzeugt, weil sie ihre Koffer immer häufiger packen, um dies Stadt zu besuchen. In sehr kurzer Zeit habe ich mich hier mit vielen Menschen befreundet. Sie haben mir geholfen, einige neue Details über sich selbst zu entdecken. Lange galt ich als eine steife Frau. Hiesige Menschen sind aber so offenherzig, dass man nicht lange distanziert bleiben kann. So etwas habe ich nur hier erlebt und das macht mich froh. Ich war unlängst wieder in Wien und habe Belgrad sehr vermisst. Es war so still und ruhig in Wien, dass ich sofort in dieses Gedränge zurückkehren wollte - gesteht Tijana lachend und betont, dass sie nirgendwo ein solches Verkehrschaos wie in Belgrad gesehen hat.
So schöne und interessante Märkte wie in Belgrad habe sie nirgendwo gesehen. Den regelmäßigen Marktbesuch am Samstag habe sie fast zum Ritual gemacht.
- Ich kann nicht kochen. Hiesige Märkte sind aber so schön und einzigartig, dass ich nichts dagegen hätte, vor dem Herd zu stehen. Jedes Samstag gehe ich zum Markt, um einzukaufen. Ich betrachte das als eine Art psychischer Erholung. Allen Freunden, die mich besuchen, muss ich den Markt Kalenić zeigen - sagt Tijana und weist auf noch ein Kennzeichen Belgrads hin - außerordentlich schöne Frauen, weshalb sie sich manchmal trotz aller Bemühungen als "ein häßliches Entlein" fühlt, scherzt sich.
Sie sei sehr beschäftigt in Belgrad, finde aber immer Zeit für ihre Hobbys - Jogging und Schwimmen sowie für die Suche nach neuen guten serbischen Restaurants.
- Ich habe Bedürfnis, immer in Bewegung zu sein. Ich reise gern. Bisher habe ich Europa und Australien mit allen Inseln durchgereist...Jetzt habe ich die Gelegenheit, Serbien kennen zu lernen. Das Leben in Wien ist so schön, dass man es nie verlassen will. Obwohl ich Österreich sehr gemütlich finde, habe ich mich immer für andere Völker, ihre Kultur und Lebensweise interessiert. Die Beschreibung kann niemals mit dem unmittelbaren Erlebnis verglichen werden. Und ich sage immer, dass das Leben in Belgrad trotz aller Schwierigkeiten eine einzigartige Erfahrung ist - betont Tijana Jočić und fügt hinzu, dass sie in Belgrad immer häufiger Österreichern begegnet, die nach Hause nicht zurückkehren wollen.
Von allen Reisen ist sie nach Wien zurückgekehrt, und aus Belgrad ...
- Nie in meinem Leben habe ich irgendwelche Pläne gemacht, wollte mich aber immer weiterentwickeln. Mein ganzes Leben suche ich, sehne nach etwas, was ich nicht definieren kann - sagte Tijana Jočić am Ende unseres Gesprächs. Ein Mädchen, dass keine Problemme mit Anpassung hat, weil sie Deutsch, Englisch, Französische, Slowakisch und Serbisch kann.