Olivier Remond, Wirtschaftsberater der französischen Botschaft in Belgrad: Wir sind an Investitionen in serbische Eisenbahn und Häfen interessiert

Quelle: eKapija Mittwoch, 03.08.2011. 16:18
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(Olivier Remond)

Serbien und Frankreich erholen sich langsam von Folgen der internatonalen Wirtschaftsrkise, weshalb wir mit einer Intensivierung des Warenverkehrs zwischen unseren zwei Länder in der Zukunft rechnen können. Serbien ist aber der drittgrößte Außenhandelspartner Frankreichs unter ehemaligen jugoslawischen Republiken, gleich hinter Slowenien und Kroatien - erklärte der Wirtschaftsberater des französischen Botschafters in Serbien, Olivier Remond in einem Interview für das Wirtschaftsportal "eKapija". Der Warenverkehr und Investitionen seien noch immer bescheiden, aber man kann bereits einen positiven Trend spüren.

Frankreich hat seit 2000 zwischen 500 und 750 Mio. US-Dollar in Serbien investiert und belegt deshalb den 8. Platz unter den größten Investoren in Serbien. Das größte EU-Land zeigt großes Interesse für Investitionen in den Eisenbahnverkehr, Bau der Belgrader U-Bahn und Landwirtschaft.

eKapija: Wie umfangreich war der Warenverkehr zwischen Serbien und Frankreich 2010?

- Insgesamt 500 Mio. Euro. 300 Mio. davon entfallen auf den französischen Export. Aus Frankreich werden am meisten Fertigprodukte und Konsumgüter eingeführt, während Serbien als Exporteur von roten Obstsorten dominiert. Die Renault Gruppe betreibt eine Produktionsanlage n Slowenien erhöht, was den slowenischen Export - insbesondere nach Frankreich - beträchtlich erhöht. Serbies wird so etwas durch Partnerschaft mit "Fiat" schaffen. Die wichtigste Voraussetzung für die Intensivierung unserer wirtschaftlichen Beziehungen und Zusammenarbeit ist die Ankunft einer größeren Industriegruppe, deren Investition andere kleine und mittlere Unternehmen anlocken würde.

eKapija: Wie groß sind französische Investitionen in Serbien und wie sind sie strukturiert?

- Seit 2000 haben französische Unternehmen zwischen 550 und 750 Mio. US-Dollar in Serbien investiert. Sie unterscheiden sich von anderen, vor allem, durch ihre Orientiertheit auf die industrielle Produktion. Von insgesamt 9.000 Beschäftigten in französischen Unternehmen arbeiten sogar 5.000 in der direkten Produktion. Zu den berühmtesten Investoren gehören Lafarge, Michelin, Bongrain, Lactalis sowie vier Firmen aus dem Finanzsektor: Societe General, Credit Agricole, BNP Paribas und Axa. Fast 1.000 Angestellten arbeiten für Dienstleister wie Veolia, Inhaber der Busbetriebe "Litas" und "Braca Šarac", und Interex.

Serbische Wirtschaftsexperten bestehen jetzt auf einem "neuen, auf der industriellen Produktion beruhenden Wachstumsmodell", und das ist im Einklang mit der bisherigen Tätigkeit unserer Investoren. Sie waren nicht so umfangreich, aber sie wurden in verschiedenen Wirtschaftsektoren und in unterschiedlichen Regionen realisiert, was das Konzept der ausgeglichenen Entwicklung der Regionen unterstützt. Einer der größten Investoren in Serbien ist Norwegen, aber nur dank der millionenschweren Investition von Telenor. Frankreich hat seit 2000 regelmässig investiert, jedes Jahr und mit einem steigenden Trend.

eKapija: Und was sagen französische Unternehmer, wie finden sie unsere Investitionspotenziale?

- Serbien verfügt über enorme Potenziale sowohl in der Landwirtschaft als auch in der Industrie. Das Land hat eine äußerst gute geographische Lage, zwischen der Türke und Westeuropa. Und endlich, immer mehr ausländische Investoren werden vom Freihandelsabkommen mit Russland angelockt. Es scheint aber auch, dass diese Potenziale in Frankreich noch nicht entsprechend erkannt sind.

eKapija: Französische Investoren sind traditionell auf französischsprechende Länder orientiert sowie auf europäische Märkte, mit denen man traditionell gute kulturelle Beziehungen pflegt, wie Belgien, Schweiz, Polen, Rumänien. Was kann man tun, um Serbien als aussichtsreiches Investitionsziel zu präsentieren?

- Viele glauben, dass französische Investoren die nordafrikanischen Länder bevorzugen, aber das ist falsch. Frankreich investiert vor allem in hoch entwickelte Länder wie Belgien. Der größte Vorteil Rumäniens sind solide Französischekenntnisse seiner Bevölkerung sowie die Tatsache, dass es um ein romanisches Land geht. Kulturelle Beziehungen sind von großer Bedeutung für kleine und mittlere Unternehmen.

Es hat sich auch erwiesen, dass große Investitionen in der Industrie zu einem massenhaften Kapitalzufluss führen. Die Investition der Renault Gruppe in Dacia hat zahlreiche Lieferanten nach Rumänien gebracht und die dortige Industrie wiederbelebt. Die Chancen, dass Renault, Citroen oder Peugeot die Produktion in Serbien starten, stehen momentan nicht so gut. Das bedeutet aber nicht, dass große Industriehersteller aus anderen Branchen in Serbien nicht investieren werden.

Man muss nicht die Bedeutung des Universitätsaustausches zwischen Serbien und Frankreich unterschätzen. Es ist im Interesse beider Länder, dass immer mehr Studenten aus Serbien einen Teil ihrer Studienzeit in Frankreich verbinden und ihr Praktikum in dortigen Unternehmen erledigen. Nach der Rückkehr in Serbien können sie zur schnelleren wirtschaftlichen Entwicklung ihres Heimats beitragen.

eKapija: Was verhindert einen intensiveren Investitionszufluss nach Serbien?

- Das größte Problem sowohl für französische, als auch für andere Investoren ist die institutionelle Unvorhersehbarkeit der geschäftlichen Tätigkeit in Serbien. Seriösen Geschäftsleuten und Unternehmern fällt es noch immer schwer, langfristig zu planen, nicht nur, weil die Regeln hier zu oft verändert werden, sondern auch, weil sie selektiv angewandt werden. Große industrielle Investitionen werden auf Laufzeiten über 10 Jahre geplant, und so etwas ist nicht möglich in einer unstabilen Umgebung.

eKapija: Können wir französische Investitionen in die Modernisierung bzw. in den Bau der Eisenbahninfrastruktur erwarten?

- Die gute geographische Lage Serbiens und unsere lange Tradition, wenn es um die Entwicklung des Eisenbahnverkehrs geht, bilden eine gute Grundlage für die Realisierung solcher Investitionen. Man hat bereits die Rahmenverhandlungen über Modernisierung der bestehenden Eisenbahnstrecken mit serbischen Behörden aufgenommen, aber es gibt auch andere Vorschläge französischer Unternehmen, wie "Vinci", die den Bau von neuen Eisenbahnverbindungen empfehlen.

Der Güterverkehr stellt die effizienteste und umweltfreundlichste Lösung. Das Relief in Serbie erleichtert den Bau. Die neuesten Preisentwicklungen am internationalen Erdölmarkt stellen noch ein Argument für die Umstellung auf den Eisenbahnverkehr dar.

Franzosen sind aber nicht nur an der Eisenbahnstruktur interessiert. Ein Unternehmen hat das große Potenzial der Donau als infrastrukturellen Koridors erkannt und möchte in den Hafen in Novi Sad investieren.

eKapija: Werden französische Partner am Bau der Belgrader U-Bahn teilnehmen?

- Selbstverständlich. Alstom hat bereits sein Interesse gezeigt, aber offizielle Verhandlungen sind noch nicht aufgenommen worden. U-Bahn-Bau verlangt eine komplizierte Prozedur und lange und präzise Planung. Geplant werden nicht nur U-Bahn-Trassen, sondern die ganze Stadt für folgende 20 und mehr Jahre, genauso wie man beim Bau des Eisenbahnetzes die Entwicklung der ganzen Wirtschaft und die Bewegung der Bevölkerung in der Zukunft bestimmt. Solche Projekte sollte mit Vision behandelt werden und ich bin der Meinung, dass die aktuelle Stadtverwaltung auf dem richtigen Weg ist.

eKapija: Was können wir vom in Paris unterzeichneten Abkommen über strategische Partnerschaft zwischen Serbien und Frankreich erwarten?

- Das Abkommen stellt eine Garantie für französische Unternehmen dar, in Serbien ein sicheres und aussichtreiches Geschäftsumfeld zu finden. Es sollte, meiner Meinung nach, durch konkrete Aktivitäten ins Leben gerufen werden.

M.D.

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