Was sind "intelligente" Städte? - Entwickelte Infrastruktur ist Voraussetzung, zeigt das Beispiel von Wien
Immer häufiger hören wir heutzutage, dass Städte versuchen, "grün" und "intelligent" zu sein. Es stellt sich jedoch die Frage: Was bedeutet das eigentlich? Welche Kriterien muss eine Ortschaft erfüllen, um "intelligent" genannt zu werden?
Wien ist zweifellos eine der besten Städte der Welt. Die österreichische Hauptstadt hat sich immer darum bemüht, seinen Bewohnern eine hohe Lebensqualität zu bieten. Das bedeutet, unter anderem, dass alle Behörden und Dienste in der Stadt allen verfügbar sind. In seiner Entwicklungsstrategie entschied sich Wien dafür, sich zu einer "intelligenten" Stadt zu entwickeln. Und wie sich dieses Ziel erreichen lässt, haben wir Dominic Weiss und Nikolaus Summer aus der Agentur Urban Innovation Vienna gefragt.
Unsere Interviewpartner sind der Ansicht, dass man zunächst die Begriffe "grün" und "intelligent" definieren soll und fügen hinzu, dass Wien glücklicherweise in einem Gebiet mit 50% Grünflächen liegt.
- Wir haben uns deshalb in der Entwicklungsstrategie für das Smart-City-Konzept die Aufgabe gegeben, diesen Prozentsatz aufrechtzuerhalten, mit mindestens 50% Grünflächen im STadtgebiet. Aber wenn wir von der Entwicklung von Wien zu einer "grünen" Stadt reden, denken wir in erster Linie an die Nachhaltigkeit - an die Verringerung der CO2-Emissionen, Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels und die Energieeffizienz. Die Stadt Wien hat in ihrer Entwicklungsstrategie das hauptgewicht auf diese Nachhaltigkeit gelegt. Alles muss durch Anwendung einer Reihe von allumfassenden Maßnahmen realisiertbar sein, die sich auf Mobilität, Bauwirtschaft, Energieeffizienz bzw. auf die ganze städtische Infrastruktur beziehen - so Dominic Weiss.
Bürger im Mittelpunkt des Entwicklungskonzepts
Im Mittelpunkt dieses Entwicklungskonzepts sollten, laut seinen Worten, Bürger stehen. Sein Kollege, Nikolaus Summers stimmt mit ihm überein.
- Es ist wichtig, zu betonen, dass im Mittelpunkt aller Bemühungen die Bürger und ihre Wünsche und Bedürfnisse stehen müssen. Sie müssen in diese Prozesse eingeschlossen und aktiviert werden, sie müssen bestimmte Rollen übernehmen, egal ob es sich um die Energieeffizienz, oder um den individuellen Verkehr handelt - sagt Nikolaus Summer.
Die Stadt Wien und seine Bewohner sind besonders stolz auf das System des öffentlichen Verkehrs. Die U-Bahn, die einwandfrei funktioniert, Straßenbahnen, Busse und Züge. Noch seit 2013 verfügt die Stadt Wien über 13 Elektrobusse, die meistens im Stadtzentrum verkehren. Die Interviewpartner von eKapija unterstreichen aber, dass die Fahrzeuge, die in Vororten verkehren, auch sehr moern seien. Es handelt sich um Dieselbusse, die technologisch fortgeschritten sind und sehr niedrige CO2-Emissionen aufweisen.
- Und wir arbeiten ständig daran. Ich muss sagen, dass unsere E-Busse nur einen Bestandteil des öffentlichen Verkehrssystem darstellen. Die Stadt Wien hat einen Fuhrpark mit mehreren tausend verschiedene öffentliche Verkehrsmittel, die von verschiedenen kommunalen Unternehmen verwendet werden. Wir haben beschlossen, künftig ausschließlich elektrische Fahrzeuge einzusetzen. Daher ersetzen wir alte Fahrzeuge langsam Stück für Stück durch ein neues. Und das ist gar nicht so einfach. Die Vienna City Investment Agency gewährt allen Unternehmen, die sich für den Kauf von Elektrofahrzeugen entscheiden, Subventionen. Dies bedeutet, dass 50% des Preises eines solchen Fahrzeugs in Form von Subventionen von der Wirtschaftsagentur Wien bezahlt werden - sagt Dominic Weiss.
Selbstfahrende Busse - Neue Siedlung als Laboratorium
Wien ist im April 2018 einen Schritt weiter in der Entwicklung des öffentlichen Verkehrs gegangen und den ersten Testlauf mit einem selbstfahrenden Bus durchgeführt. Es handele sich um ein wissenschaftliches Projekt eines Konsortiums, das von einigen Unternehmen und Institutionen gebildet worden sei, sagt Nicolaus Summer. Neben Forschungsinstituten nehmen am Projekt auch Wiener Linien, französisches Unternehmen Navia, Siemens und die Österreichische Verkehrssicherheitsbehörde teil. Sehr wichtig ist auch die rechtliche Komponente für alle Fragen im Zusammenhang mit dieser Verkehrsart.
- Obwohl wir dieses System möglichst schnell implementieren wollen, handelt es sich noch immer um ein Projekt, das wir in der Echtzeit, im Stadtteil namens Aspern testen. Es handelt sich um eine neue Siedlung in Wien, wo bestimmte Teile noch immer gebaut werden. Für uns ist dies eine Art des "urbanen Labors", in dem wir alle unsere Ideen prüfen können. In dieser Siedlung gibt es dereit rund 7.000 Bewohner, was sie ideal für die Prüfung dieser Transportart macht, da sie ein hohes Maß an Sicherheit bietet.
In der ersten Phase wird man aber diese Busse nicht ohne Chauffeur herumfahren lassen. Es wird jedoch immer einen Bediener im Fahrzeug geben, der bei Störungen die Kontrolle über das Fahrzeug mit einem einzigen Tastendruck übernehmen kann.
- Die Sicherheit steht an erster Stelle, so dass autonome Busse nur zu bestimmten Tageszeiten nur bestimmte Strecken befahren dürfen. Als wir das Projekt präsentierten, war das Interesse der Öffentlichkeit wirklich groß und ich kann sagen, dass die Bürger dieser Art des Verkehrs nicht erwartungsgemäß skeptisch gegenüberstanden - fügte Summer hinzu.
Wiener Linien haben bereits zwei Prototypen der selbstfahrenden Busse an diesem Standort in den letzten zwölf Monaten getestet. Die Realisierung des Projekts wird im Frühling erwartet. Es handelt sich um E-Bussen mit 11 Sitzplätzen einschließlich des Bedienser - sagt der Gesprächspartner von eKapija.
Selbstfahrende Busse, intellignte Ampeln... Wir fragten unsere Gäste nach anderen Innovationen befragt, dank dessen Wien als "intelligente Stadt" bezeichnet werden kann. Der ganze Prozess sei, laut ihren Worten, horizontal und auf alle städtichen Dienstleistern erweitert.
- Das bedeutet, dass alle Stadtbehörden in Wien die Ziele einer Smart City in gewisser Weise anwenden. Unabhängig davon, ob es um Mobilität, intelligente Ampeln oder verschiedene Trends in der IT-Technologie geht - das sind alles Bereiche, die wir in diesem Konzept von "Smart City" einordnen können. Wenn es sich um Innovationen handeln, es genügt, zu sehen, wie die Stadt aussieht. Überall wird an neuen Fassaden gearbeitet. Bürger können über Anwendungen verschiedene Services online nutzen. Ich muss unterstreichen, dass wir die neue U-Bahn-Linie U5 bauen, die selbstfahrend sein soll. Es handel sich also um eine allumfasende Reihe von Dienstleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger verfügbar sind - sagt Dominik Weiss.
Stadt muss nachhaltig, und jedoch wettbewerbsfähig sein
Die Entwicklung zu einer intelligenen Stadt bringe viele Vorteile mit sich, sowoh für die Stadt, als auch für seine Bewohner, glauben die Gäste von eKapija.
- Wenn es um die Entwicklung einer Stadt als Wirtschaftszentrum geht, ist das "Smart- City"-Konzept von großer Bedeutung für uns. Es handelt sich nicht nur um die Nachhaltigkeit, sondern auch um unsere Wettbewerbsfähigkeit - wir müssen als Wirtschaftszentrum wettbewerbsfähig bleiben. Deshalb ist es notwendig, die entsprechende Infrastruktur zu schaffen, die Unternehmen, die in Wien tätig sind, benötigen, um ihre Geschäftigkeitstätigkeit bestmöglich auszuüben. Die Stadt muss aber zugleich seinen Bürgern dienen. Wir sagen oft, dass Wien seine Bewohner von der Wiege bis zum Sarg überwacht. Das bedeutet, dass im Rahmen des "Smart-City"-Konzepts Bürgern alles zur Verfügung steht - von der Infrastruktur bis zu verschiedenen Services, was sich auf die hohe Lebensqualität in der Stadt auswirkt - so Dominik Weiss.
Alle Dienstleistungen - von der Geburt eines Kindes in einer öffentlichen Entbindungsanstalt, über Kindertagesstätten und Schulen, Stromnetz, öffentlichen Verkehr bis zu öffentlichen Flächen - alles wird von der Stadt verwaltet.
- Dies sind alles öffentliche Einrichtungen, und obwohl wir den Digitalisierungsprozess in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen entwickeln werden, um mehr Effizienz zu erreichen, bleibt all dies am Ende in den Händen der Stadt. Die Tatsache, dass die Stadt für ale Bereiche - Entwicklung der Infrastruktur, das Bildungswesen, öffentliche Flächen, Rekreation u.a. in der Stadt zuständig ist, betrifft die Bürgerinnen und Bürger Wiens, die rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche eine hohe Lebensqualität haben - so Weiss.
Sein Kollege fügt hinzu, dass eine intelligente Stadt allen Bewohnern verfügbar sein soll.
- Denn wenn etwas in der Stadt zu teuer ist und nicht allen Bürgern zur Verfügung steht, können wir nicht einmal von einer intelligenten Stadt sprechen - unterstreicht Nicolaus Summer.
Gibt es eine intelligente Stadt ohne geregelten öffentlichen Verkehr?
Belgrad strebt auch danach, eine intelligente Stadt zu werden. Aber im Unterschied zur čsterreichischen Hauptstadt, die große Fortschritte in der Entwicklung der Infrastruktur gemacht hat, kann Belgrad überhaupt nicht auf seine bisherigen Errungenschaften stolz sein. Das bezieht sich vor allem auf den öffentlichen Verkehr, wo die Situation, um es milde auszudrücken, katastrophal ist. Auf einer Konferenz über intelligente Städte in Belgrad hörten wir den Rat, dass der Bau der U-Bahn wichtiger als die Sensor- und Technologieentwicklung ist. Wir fragten deshalb unsere Gäste, ob sie auch der Meinung sind, dass die IT-Befugnisse nicht unbegrenzt sind und dass die unterentwickelte Stadt nicht "intelligent" sein kann?
- Wenn wir eine bestimmte Situation betrachten, sollten wir, meiner Ansicht nach, die lokale Herangehensweise an ein bestimmtes Problem haben. Ich könnte eine Reihe von intelligenten Städten ohne U-Bahn nennen. Innsbruck ist die Stadt mit zahlreichen entwickelten Technologien, mit der gebauten Infrastruktur und Fassaden in besserem Zustand als in anderen österreichischen Städten. Und wenn wir nur von der Mobilität reden, dann ist der Bau der U-Bahn ein sehr wichtiger Faktor. Jede intelligente Stadt muss über den geregelten öffentlichen Verkehr verfügen. Die Technologie kann nicht unabhängig von anderen Dingen in der Stadt betrachtet werden. Wenn Sie, z.B. das 5G-Netzwerk entwickeln, das weder von den städtischen Behörden, noch von Bürgern genutzt werden kann, dann ist es völlig sinnlos. Es ist klar, dass ein gut organisierter öffentliche Verkehr von großer Bedeutung für jede Metropole wie Belgrad ist. Ohne Bau der U-Bahn lässt sich dieses Problem nicht einfach lösen - sagt Dominic Weiss. Seine Meinung teilt Nikolaus Summer und unterstreicht, dass jede Innovation von der entsprechenden Infrastruktur begleitet werden soll.
- Auf Wiener Straßen können Sie jetzt zahlreiche elektrische Tretroller sehen. Wir mussten aber zunächst nicht nur solche Verkehrsmittel bieten, sondern auch öffentliche Verkehrsflächen dafür schaffen. Wenn Sie die Software ohne entsprechende Hardware oder unterstützende Lösungen entwickeln, dann hat man nicht viel davon. Das gilt auch für di Mobilität. Die U-Bahn ist von großer Bedeutung für uns in Wien, aber auch alles, was mit ihr geboten wird. Der gut organisierte öffentliche Verkehr stellt eine gute Basis für uns dar, aber viel wichtiger ist der öffentliche Raum, wo man alle Innovationen nutzen kann. Wir verfügen, also, über die entsprechende Infrastruktur dafür - so Summer.
Dragana Obradović