Britische Forscher kurz davor, künstliches Blut herzustellen
Britische Forscher sind offenbar kurz davor, künstliches Blut aus embryonalen Stammzellen herzustellen. Das berichtet die britische Zeitung "The Independent". Wenn die Forschung wie geplant vorangeht, könnten Blutspenden zum einen in unbegrenzter Menge hergestellt werden. Zum anderen würde das Risiko, sich über Bluttrasfusionen mit schweren Krankheiten wie Hepatitis, HIV oder Rinderwahn anzustecken, eliminiert.
Für die Erzeugung von künstlichem Blut nutzen die Forscher Stammzellen von unentwickelten Embryonen, die bei künstlichen Befruchtungen nicht zum Einsatz kamen. Die Forscher rechnen damit, dass ihr künstliches Blut in etwa drei Jahren marktreif sein könnte, schreibt der "Independent".
Das Forscherteam unter der Leitung von Professor Marc Turner von der Universität in Edinburgh sucht dabei unter der Embryonen nur diejenigen heraus, die einmal Blutgruppe 0 negativ entwickelt hätten. Blut dieser Gruppe ist das Universalspenderblut: es verträgt sich mit allen anderen Blutgruppen und kann daher jedem Menschen gespendet werden. Dabei ist es selten: Nur sieben Prozent der Weltbevölkerung haben Blutgruppe 0 negativ.
Die Knappheit von Blut dieser Gruppe könnte durch die Stammzellenforschung aufgehoben werden: Embryonale Stammzellen lassen sich im Labor quasi beliebig oft replizieren. Die Forscher wandeln die Zellen in voll entwickelte rote Blutzellen um. Die Zellen eines Embryos könnten theoretisch den Blutbedarf einer ganzen Nation decken.
Das Projekt ist eine Kooperation des britischen Gesundheitssystems "NHS Blood and Transplant", des schottischen Bluttransfusionsdienstes und des "Wellcome Trust", eines bedeutenden nichtstaatlichen Förderers der biomedizinischen Forschung. Außerdem ist die Firma Roslin Cells beteiligt, ein Ableger des Roslin Instituts, in dem das Klonschaf Dolly 1996 gezeugt wurde. Allein der Wellcome Trust soll nach Informationen des "Independent" drei Millionen Pfund in das Projekt stecken - etwa 3,2 Millionen Euro.
Die Verträge für das Unternehmen stünden kurz vor der Unterzeichung, sagte eine Sprecherin des Bluttransfusionsdienstes des NHS. Alles, was die Forscher jetzt noch zurückhielte, seien rechtliche Probleme, keine wissenschaftlichen.
In Großbritannien sind die Gesetze für Stammzellenforschung relativ liberal. Im Mai 2008 erlaubte das Parlament sogar die Kreuzung von menschlichen und tierischen Zellen für die Stammzellenforschung. Doch auch in England bleiben ethische Bedenken bei der Zerstörung von embryonalen Stammzellen. Kritiker der Stammzellenforschung fordern in diesem Fall nicht nur den Schutz des ungeborenen Lebens. Es gibt auch Skeptiker, die philosophische Frage aufwerfen. Etwa die, wie es wäre, wenn man Blut gespendet bekäme von jemandem, der nie existierte.
Im Wettlauf um das erste synthetische Blut haben die britischen Forscher allerdings auch Konkurrenz. Ein amerikanisches Unternehmen war schon einmal fast genauso weit wie die Forschungsgruppe um Professor Turner. Doch die US-Forscher wurden durch die restriktiven Gesetze des ehemaligen Präsidenten George W. Bush aufgehalten.
Präsident Barack Obama hingegen lockerte kurz nach seiner Vereidigung die Restriktionen für Stammzellenforschung, was der amerikanischen Forschung wieder Auftrieb geben dürfte. Außerdem arbeiten noch Wissenschaftsteams in Frankreich, Australien und Schweden an Blut aus Stammzellen