EU will für eine Milliarde Euro Supercomputer bis 2020 bauen
Diese soll spätestens 2023 in der Lage sein, mindestens eine Trillion (10 hoch 18) Rechenoperationen pro Sekunde auszuführen.
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, sieht der Plan den Ankauf von zwei etwas langsameren Supercomputern vor.
Nach Einschätzung der EU-Kommission sind die EU-Staaten derzeit viel zu sehr auf die Rechenleistung von Supercomputern angewiesen, die außerhalb der EU in Staaten wie China, der Schweiz, den USA oder Japan stehen. Dieser "Mangel an Unabhängigkeit" stelle eine Gefahr für Geschäftsgeheimnisse, den Datenschutz und das in Europa starke Recht auf Privatsphäre dar, erklärte die Behörde.
Insbesondere China scheint weit enteilt zu sein. Dort stehen mit dem "Sunway TaihuLight" und dem "Tianhe II" die beiden leistungsstärksten Supercomputer der Welt. Derzeit entwickeln die Chinesen einen Rechner, der mehr als eine Trillionen Kalkulationen pro Sekunde ausführen kann, einen sogenannten Exascale-Rechner. Bereits in diesem Jahr soll er in Betrieb gehen.
EU-Vizekommissionspräsident Andrus Ansip verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass von den derzeit zehn besten Supercomputern der Welt kein einziger in einem EU-Land stehe. "Die EU muss in diesem harten Rennen aufholen", forderte er. Supercomputer seien "der Motor der digitalen Wirtschaft".
Finanziert werden soll das neue europäische Supercomputer-System durch 486 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt und durch einen etwa ebenso großen Betrag aus den nationalen Haushalten europäischer Staaten. Weitere Projektgelder könnten aus der Privatwirtschaft kommen.
"Eine bessere europäische Supercomputer-Infrastruktur ist von zentraler Bedeutung für die Digitalisierung der Industrie und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft", erklärte Digitalkommissarin Mariya Gabriel. Nach Angaben von Experten können zum Beispiel die in der Automobilindustrie üblichen Produktzyklen durch den Einsatz von Supercomputern von im Schnitt 60 auf 24 Monate verkürzt werden.
Das gemeinsame Projekt EuroHPC soll im Zeitraum 2019-2026 realisiert werden. EuroHPC steen etwa eine Milliarde Euro zur Verfügung. 486 Millionen Euro steuert die EU selbst bei. Eine in etwa ebenso hohe Summe wenden 13 europäische Staaten auf, die die EuroHPC-Erklärung unterzeichnet haben.
Konkret sollen sich durch den Einsatz von Supercomputern Klimamodelle leichter berechnen und Erdbeben besser vorhersagen lassen. Mit ihrer Hilfe könnten ideale Standorte für Windkraftwerke leichter identifiziert werden. In der Medizin ließen sich seltene Krankheiten leichter diagnostizieren. Viel versprechen sich Wissenschaftler von ihrem Einsatz gegen Krebs, wo jede Erkrankung ihr ganz individuelles Erscheinungsbild hat.
Weitere Anwendungsmöglichkeiten sieht die EU in der Landwirtschaft – etwa bei der Vorhersage von Dürren oder der Überwachung des Einsatzes von Pestiziden –, beim Militär, im Städtebau, in der Kosmologie und in der Astrophysik. Unterm Strich generiere jeder Euro, der in die Entwicklung und in den Betrieb von Supercomputern gesteckt werde, einen Umsatz in Höhe von 870 Euro.