Kann Übung jeden zum Schachmeister machen?
Genau mit der Kernfrage hat sich inzwischen auch der Psychologie-Professor David Z. Hambrick von der Michigan State Universität zusammen mit fünf Kollegen beschäftigt und sich dabei durch die Daten von 14 relevanten Studien zu dem Thema gequält. Sie beschäftigten sich unter anderem mit Meister-Musikern oder Schachspielern der Weltelite. Einige von denen erreichten ihre Klasse bereits nach rund 7500 Stunden Übung, mehr als 20 Prozent der Spitzenspieler wurden schon nach weniger als 5000 Stunden zu Meistern.
Gleichzeitig gab es eine nicht unwesentlich große Gruppe, die weit mehr als 10.000 Stunden geackert hatte - und es doch nur auf Mittelmaß gebracht hatte. "Manche Menschen benötigen ganz offensichtlich weit weniger Übung, um zur Elite zu gehören, andere deutlich mehr", stellt Hambrick ernüchtert fest. Genau genommen waren es statistisch nur 34 Prozent für die die Zahl der Übungsstunden tatsächlich einen relevanten Unterschied machte zwischen Mittelmaß oder Meisterklasse.
Oder kurz gesagt: Übung macht eben doch nicht den Meister. Nicht immer. Und ein Garant für Meistererfolg ist sie leider auch nicht.
Disziplin, Ausdauer und Leidenschaft haben ebenfalls einen großen Einfluss. Aber auch die können manchmal etwas nicht ersetzen, was uns offenbar doch in die Wiege gelegt wird oder eben nicht: Talent.
Hambrick, das räumt er selber ein, will mit seiner Studie keine Träume zerstören. Aber er rät auch dazu, seine Fähigkeiten und Chancen realistisch einzuschätzen. Sonst übe man womöglich in die falsche Richtung...
Auch Wissenschaftler um Brooke Macnamara von der Princeton Universität haben sich die 10.000-Stunden-Regel genauer angesehen und dazu 88 Studien ausgewertet, die sich mit Übung, Praxiserfahrung und Leistungserfolgen auseinander setzen. Ihr Ergebnis ist ebenfalls ernüchternd - jedenfalls für Anhänger der 10.000-Stunden-Regel.
Bei sportlichen Turnieren (wie etwas die Fußball Weltmeisterschaft) hatte langjähriges Training in nur 26 Prozent der Fälle einen erkennbaren Einfluss auf den Erfolg der Sportler. Bei Musikern macht die Praxis nur zu 21 Prozent einen Unterschied. Bei Athleten sind es sogar nur 18 Prozent. Und in der beruflichen Profession ist Übung allenfalls zu einem Prozent verantwortlich für individuellen Erfolg.
Zusammengefasst hat Übung also nur zu 12 Prozent Einfluss auf die Karriere in diversen Bereichen.